Boualem Sansal

Boualem Sansal, ein bedeutender algerischer Schriftsteller und Kritiker politischer und religiöser Unterdrückung, hat sich durch seine Romane und Essays weltweit einen Namen gemacht. 2012 war er Jurymitglied bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin und 2016 bei einer Auszeichnung des Internationalen Literaturfestivals Berlin. Sansal lebt nahe Algier mit seiner tschechischen Ehefrau, während seine zwei erwachsenen Töchter in Prag wohnen.

Im November 2024 wurde Sansal laut Berichten nach einer Reise nach Frankreich bei seiner Rückkehr am Flughafen von Algier verhaftet. Seine Familie hat seitdem keinen Kontakt zu ihm, und die Behörden haben weder Anklagepunkte noch Erklärungen zu seinem Fall veröffentlicht. Staatlich kontrollierte Medien werfen ihm vor, oppositionelle Ansichten zu vertreten und sich in Kreisen zu bewegen, die als staatsfeindlich gelten. Beobachter vermuten, dass seine kritische Haltung zu politischen Entwicklungen in Algerien und geopolitischen Fragen, wie der Westsahara, der Grund für die Repression sein könnte. International wächst der Druck auf die algerische Regierung, Sansal freizulassen, unter anderem durch Organisationen wie das PEN-Zentrum Deutschland und prominente Kulturschaffende.

Schriftstellerisches Wirken
Seit seinem ersten Roman Le serment des barbares (Der Schwur der Barbaren, 1999) hat Boualem Sansal zahlreiche Werke veröffentlicht, die gesellschaftliche und historische Themen behandeln. Sein Roman Das Dorf des Deutschen (2008) beleuchtet die Verstrickung eines ehemaligen Nazis in den algerischen Befreiungskrieg. Mit 2084. La fin du monde (2015) schuf er eine dystopische Vision, die an Orwells 1984 erinnert und zugleich die politische Realität in Algerien reflektiert. Sein jüngstes Werk Leben. Ein Countdown (2024) verbindet eine globale Dystopie mit der Darstellung der politischen Diktatur in Algerien.

Politisches Wirken
Sansal, der in einem islamischen Umfeld aufwuchs, hat sich stets für Säkularismus und gegen den zunehmenden Islamismus ausgesprochen. Er betrachtet Religion kritisch und sieht im politischen Islam eine gefährliche, totalitäre Kraft, die sowohl die Gesellschaft als auch die individuellen Freiheiten bedroht. Nach den Terroranschlägen von 2015 in Paris erklärte er, dass der Islamismus nach globaler Vorherrschaft strebe. Er fordert eine Reform des Islam hin zu mehr Spiritualität und Offenheit.

Die politische Lage in Algerien
Algerien befindet sich seit Jahren in einer politisch angespannten Situation. Obwohl das Land reich an natürlichen Ressourcen wie Öl und Gas ist, kämpfen viele Menschen mit wirtschaftlicher Unsicherheit und sozialer Ungleichheit. Die Regierung wird häufig wegen Korruption und Machtmissbrauchs kritisiert, während Protestbewegungen, wie die Hirak-Bewegung, nach Demokratie und Reformen verlangen. Gleichzeitig herrscht eine strikte Kontrolle über Medien und Meinungsfreiheit, was insbesondere für Künstler*innen und Intellektuelle wie Boualem Sansal gefährlich ist. Die Westsahara-Frage und der Konflikt mit Marokko belasten die Region zusätzlich, und die algerische Regierung nutzt geopolitische Spannungen, um von internen Problemen abzulenken.

Die Verhaftung von Boualem Sansal ist ein weiteres Beispiel für die Unterdrückung von Stimmen, die das algerische Regime kritisieren. Sie wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, mit denen Intellektuelle und Menschenrechtsverteidiger*innen in Algerien konfrontiert sind.

Foto: Amrei-Marie, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons